Holz-Skulptur „Harmonie, Disharmonie und Chaos“
Dieses Objekt habe ich für die KuKuK-Ausstellung „Harmonie und Chaos“ im Dezember 2019 angefertigt.
Ausgangsmaterial ist ein Eichenholz-Klötzchen, oder genauer gesagt ganz viele Klötzchen, die in Form und Maßen möglichst gleich sein sollen.
Jedes dieser Klötzchen ist der Abschnitt einer Leiste mit rechteckigem Querschnitt. Die Endflächen sind aber nicht rechtwinklig, sondern schräg gesägt und zwar im Winkel von 60 Grad. Damit lassen sich sechs solcher Klötzchen zu einem regulären Sechseck zusammenfügen. Diese Figur finde ich harmonisch. Sie erinnert mich an Bienenwaben oder an die von August Kekulé angeblich im Traum gefundene Form des Benzol-Moleküls.
Und jetzt kommt das Besondere: die schrägen Flächen sind quadratisch, das heißt, ich kann zwei solcher Klötzchen an diesen Flächen auf vier verschiedene Arten so verleimen, dass sie genau aufeinander passen.
Im einfachsten Fall bildet das zweite Klötzchen eine Verlängerung des ersten. Wenn ich das zweite Klötzchen vor dem Verleimen um 180° verdrehe, dann entsteht eine Ecke des Sechsecks. Interessant sind nun die beiden Verdrehungen um 90° nach links bzw. rechts.
Wenn nun das sechste Klötzchen vor dem endgültigen Verleimen des Sechsecks so um 90° gedreht wird dann entsteht keine geschlossene Figur mehr, sondern statt des harmonischen Sechsecks eine Disharmonie.
Ich stelle mir die Klötzchen als kleine beseelte Wesen vor. Das letzte wollte sich nicht an die vorgegebene Regel halten und ist „ausgebüchst“. Schlechte Vorbilder machen oft Schule, und so kommt es, dass sich weitere Klötzchen immer auf diese Weise an eins der freien Enden der Figur anfügen. Da dies auf eine der zwei Arten (links oder rechts) zufällig geschieht, entsteht ein organisch anmutendes Gebilde.
Die Anzahl der möglichen Formen, die auf diese Art entstehen können, ist schier unermesslich. Genau genommen lassen sich mit den 31 Klötzchen, die in dem vorliegenden Beispiel verwendet wurden, 230 verschiedene Formen erzeugen. Das sind über eine Milliarde Möglichkeiten (genau genommen 1.073.741.824).
Das ruft die Geschichte von dem König in Erinnerung, der den Erfinder des Schachspiels für seine geniale Idee mit einem Geschenk belohnen wollte. Dieser erbat sich in scheinbarer Bescheidenheit ein einziges Reiskorn auf dem ersten Feld des Schachbretts, allerdings zusätzlich
zwei auf dem zweiten,
vier auf dem dritten,
acht auf dem vierten, . . .
Der Rest ist bekannt.
Dieter Weiß
Dieter (Freitag, 05 Juni 2020 03:03)
Eine gute Beschreibung des "Fußball-Moleküls" findest du unter dem Stichwort "Fullerene" z.B. bei Wikipedia.
Das mit dem Seitenverhältnis der Leiste, aus der die Klötzchen gesägt werden, zeige ich dir auf anderem Weg. An dieser Stelle wäre das manchen Lesern vielleicht schon "zuviel Mathe".
Dieter (Freitag, 05 Juni 2020 02:55)
Erstmal erkläre ich dir, wie das mit dem Pfeil geht.
Das darfst du aber nicht verraten!
Ich säge den Pfeil so aus wie du ihn siehst. Dann stecke ich die Spitze eine Zeit lang in kochendes Wasser. Danach kann ich sie im Schraubstock so pressen, dass sie nicht breiter ist als der Schaft und sich mühelos durch die Löcher schieben lässt. Unter Umständen muss die Pfeilspitze dann nochmal in heißes Wasser, um wieder in die Originalform aufzuquellen.
Dieterich (Donnerstag, 04 Juni 2020 12:28)
Ich habe gegrübelt, nach welcher Formel man die Breite des Rechtecks berechnet, damit die Schnittfläche bei 60° ein Quadrat ergibt. Ich könnte es nur heute leider nur noch zeichnerisch ermitteln. Vielleicht kannst du die Formel mal dazu geben. Dabei fällt mir ein anderes interessantes Phenomen ein, die Bildung einer Kugel bzw. eines Fußballes aus sechseckigen und fünfeckigen Flächen mit gleichen Kantenlängen. (Hab ich das richtig formuliert? )
Was du immer noch nicht verraten hast, ist das Geheimnis der mit Pfeil durchbohrten Flaschen!!